Karen Irmers fotografische Bildwelt ist eine, die von sich zu behaupten scheint, nur die Reminiszenz einer solchen zu sein. Ihre auf Aludibond kaschierten, bis zur Unkenntlichkeit verdunkelten oder mittels diffuser, nebulöser Grautöne der Auflösung nahe gebrachten Motive lassen den Betrachter beunruhigt zurück über der Unmöglichkeit des Erkennens. Als solcher ertappen wir uns dabei, der Erwartung Folge zu leisten, mit aller Bestimmtheit etwas zu sehen zu bekommen, da wir ja schließlich etwas betrachten. Karen Irmer jedoch führt uns bis an die Grenze des Wahrnehmbaren und reduziert ihre Bildmittel auf ein Minimum: wir meinen, uns nur noch etwas ein-bilden zu können. Hierher führt uns die Künstlerin jedoch ohne jeden Anflug von moralischer Strenge, wie sie eine totale Verweigerung von Bildlichkeit oft impliziert; ganz im Gegenteil scheint ihre Geste der wohldosierten Brechung von Seh- und Erkenngewohnheiten ungemein einfühlsam angelegt.
Was bleibt ist die Möglichkeit, sich nunmehr genauer und konzentrierter dem vermeintlich Wenigen zu widmen, jenem tatsächlich Vorhandenen. Karen Irmer vermag auf diese Weise unsere visuellen Voreingenommenheiten des unmittelbaren Vergleichens und raschen Einordnens zu hinterfragen. Ihre Antwort auf das überbordende, unsere alltäglichen Eindrücke quantitativ bestimmende Angebot von Bildern liegt in der Betonung bestimmter subtiler Qualitäten von Motiven, deren Präsenz nur noch als Spur wahrgenommen werden kann.
Christoph Stolz